Der VAG-Blog aus Nürnberg

Üben für den Notfall: VAG, Polizei und Feuerwehr

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Geschätzte Lesezeit ca. 6 Minuten

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Christian Horst ist vollauf zufrieden. Das darf der 44-jährige VAG-Mitarbeiter auch sein. Die erste praktische Übung für angehende Verkehrsmeister*innen und Einsatzleiter*innen der VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft ist geschafft. Die Übung zeigt, dass Polizei, Feuerwehr und VAG bestens vorbereitet sind auf Situationen, die 24 / 7 auftreten können. Insbesondere auch auf die Situationen, die emotional herausfordernd sind. Wir wollten wissen, warum gemeinsam geübt wird.

„Das war die erste große Übung in diesem Umfang für angehende Verkehrsmeister*innen und Einsatzleiter*innen, gemeinsam mit Polizei und Feuerwehr. Sie ist gut gelaufen, um nicht zu sagen sehr gut. Wir wollen künftig mehr praktische Übungen, mehr praktische Bestandteile in der Weiterbildung einbauen“, so Christian Horst, der sich bei uns seit 2019 um die Verkehrsmeisterentwicklung und den Aufsichtsdienst in der Abteilung der Servicedienste kümmert, also die Ausbildung der Fachkräfte.

Sicherheit ist wichtig

„Das gibt den Kolleg*innen mehr Sicherheit, wenn sie die ersten wirklichen Einsätze haben. Sicherheit, Ordnung und Service nach dem Prinzip „SOS“ ist das A und O, wenn vor Ort schnell Entscheidungen und Absprachen getroffen werden müssen. Die Theorie ist nach wie vor wichtig und wird im eLearning und in Unterrichtseinheiten eingebaut, aber alleine das Gefühl, wenn Polizei, Feuerwehr und wir von der VAG mit Blaulicht und Martinshorn anrücken und das Miteinander schnellstmöglich koordiniert werden muss, erzeugt einen größeren Lerneffekt.“

Die Aufgabe: Person unter einer Straßenbahn

Treffpunkt für die Übung mit Polizei und Feuerwehr Ende Juni war die Heinrich-Alfes-Straße. In unserer großen Abstellhalle, in der nachts unsere Straßenbahnen stehen, wurde ein Personenunfall simuliert, wie er glücklicherweise sehr selten, aber doch vorkommen kann. Meist, weil Fußgänger mehr ihr Handy im Blick haben, als den Weg, den sie gehen. „Manche unterschätzen auch Geschwindigkeit und Bremsweg der Straßenbahn und wollen nur mal schnell über die Straße und die Gleise“, so Christian Horst.

Was ist zu tun?

Die Übungssituation: Eine Puppe liegt unter einer Straßenbahn. „In Nürnberg haben wir glücklicherweise wenige dieser Unfälle und sie gingen bisher glimpflich ab, aber wir müssen die Mitarbeiter*innen darauf vorbereiten. Auch in diesen dramatischen Fällen ist es wichtig, dass jede Ansage, jeder Handgriff sitzt und alles schnell geht. Im Interesse der verunglückten Person, der beteiligten Kräfte von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst und Werkstatt. Und auch unsere Fahrgäste und Kolleg*innen vom Fahrdienst müssen wir, also die Einsatzleitung und die Verkehrsmeister, im Auge haben. Wurde jemand bei der Notbremsung verletzt, braucht jemand seelischen Beistand? Diese Fragen stellen sich. Das gilt auch für die Fahrer*innen, die einen solchen Unfall kommen sehen, aber nicht immer verhindern können, weil der Bremsweg einer schweren Bahn länger ist als der eines Pkw. Unsere Verkehrsmeister und Einsatzleiter müssen all das in einer sinnvollen Reihenfolge berücksichtigen und abarbeiten. Die Einsatzleitung ist dabei erster Ansprechpartner für die externen Kräfte. Und sie ist Auge und verlängerter Arm sowie Partner der Leitstelle vor Ort“, erläutert Christian Horst.

Theorie und Praxis

Einen guten Zusatznutzen hat die praktische Übung. Ein Filmteam der Polizei hat die gesamte Übung mit mehreren Kameras gefilmt und produziert aus dem Material einen Schulungsfilm sowie einzelne Schulungseinheiten. Diese können sowohl in theoretischen Unterrichtseinheiten als auch im eLearning eingebaut werden und auf praktische Übungen vorbereiten.

Bei der Übung ist alles sehr gut gelaufen, wie eine Reihe von Beobachtern von Polizei, Feuerwehr und VAG feststellen durfte. Zu denen gehörten auch die anderen Übungsteilnehmer, die bei der Personenbergung keinen aktiven Part hatten. Für sie hatte Christian Horst andere praktische Übungen zusammengestellt. So stand der Umgang mit alkoholisierten Fahrgästen genauso auf der Übungsliste wie ein Unfall zwischen Straßenbahn und Pkw sowie ein Oberleitungsschaden.

Positive Bilanz von Polizei und Feuerwehr

Die positive Bilanz nach der ersten großen Übung für angehende Verkehrsmeister*innen und Einsatzleiter*innen spiegelt sich in den Statements wider, um die wir Beobachter und Teilnehmer gebeten hatten.

Die Polizei beispielsweise war vom Ausmaß und der Anzahl der Übungsteilnehmer*innen sowie der Planung und Durchführung aller Inhalte beeindruckt. Polizeidirektor Dietmar Neugebauer, Leiter der Verkehrspolizeiinspektion Nürnberg: „Ich war positiv überrascht und beeindruckt von der Dimension dieser Übung. Es ist dadurch auch gelungen, die Inhalte sehr praxisnah darzustellen. Bemerkenswert war für mich auch die gute Zusammenarbeit zwischen VAG, Feuerwehr und Polizei.“

Schnittstellen effektiv gestalten

Für Sebastian Kahl, von der Feuerwehr der Stadt Nürnberg und als Sachgebietsleiter zuständig für die Abteilung Einsatz, Organisation und Bevölkerungsschutz / Sachgebiet Einsatzwesen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sieht den Wert gemeinsamer Übungen wie folgt: „Gemeinsame Übungen dieser Art sind für uns sehr wertvoll. Bei solchen Gelegenheiten können wir unter realistischen Bedingungen, neben den von uns zu erledigenden technischen Maßnahmen, auch sehr effektiv die Schnittstellen mit den anderen, an der Einsatzbewältigung Beteiligten üben. Im konkreten Übungsfall hat die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen von Polizei und VAG wieder reibungslos und gut funktioniert.“

Gut vorbereitet für mögliche Einsätze

Auch die beiden Akteure der VAG waren zufrieden. Firat Balyemez war bei der Übung für die VAG als Einsatzleiter gefordert und konnte erstmals sein theoretisches Wissen anwenden. „Gut, dass ich gut vorbereitet war. Dennoch war ich überrascht, über das Ausmaß der Übung und wie realitätsnah alles inszeniert war. Ich muss zugeben, dass ich während der Übung, alles um mich herum ausgeblendet habe. Mein Fokus lag einzig auf der Abarbeitung des Einsatzes. Insgesamt finde ich die dreitägige Schulung zum Einsatzleiter sehr gut, auch das Verhältnis von Theorie und Praxis, also ein Tag Theorie, zwei Tage praktische Übungen in den Betriebssparten U-Bahn, Straßenbahn und Bus. Dank der Schulung weiß ich, was an einer Einsatzstelle auf mich zukommen kann. Aber sicher wird meine Anspannung die ersten Male groß sein.“

Üben ohne Stress

Daniel Grüner unterstützte bei der Übung seinen Kollegen Firat Balyemez als Protokollant: „Die Übung war hervorragend, ich bin immer noch begeistert. Meine Aufgabe war es, alle an der Einsatzstelle getroffenen Maßnahmen zu dokumentieren. Gerade das Zusammenwirken vieler verschiedener interner und externer Organisationseinheiten hat reibungslos funktioniert. Im Einsatzfall werden notwendige Absprachen und Vorgehensweisen besprochen, jeder bringt hierbei seine fachlichen Kompetenzen ein. Schön, wenn man sieht, dass es läuft. Die Ausbildung zum Verkehrsmeister finde ich persönlich sehr interessant und sehr gut durchdacht. Die praktischen Übungen eignen sich sehr gut, das theoretische Wissen zu vertiefen, ohne den Stress eines echten Zwischenfalls.“

Aus- und Weiterbildung als gute Basis

Andreas May, der als VAG-Betriebsleiter für die Durchführung des gesamten Betriebes, die Leitstelle, aber auch die Einsätze der Einsatzleiter und Verkehrsmeister verantwortlich ist, sind praktische Übungen ein Anliegen: „Klar, eine Übung ist eine Übung, aber doch komplett anders als Themen nur theoretisch durchzusprechen. Als Betriebsleiter ist es mir wichtig, nach innen wie außen zu signalisieren, dass wir auf alle Eventualitäten vorbereitet sind, dass wir die Zusammenarbeit immer wieder auch praktisch üben. Das ist in anderen Bereichen der VAG auch so, beispielsweise vor der Eröffnung neuer U-Bahnhöfe. Wichtig ist aber, dass sich die Kolleg*innen, die wir für die Verkehrsmeisterausbildung und die Einsatzleitung gewinnen, wissen, dass wir sie gut und umfassend auf die neue Funktion und Aufgabe vorbereiten. Dann läuft es an den Einsatzstellen auch gut.“

Hintergrund Einsatzleitung

Wir haben derzeit 27 Verkehrsmeister*innen bei den Servicediensten, hinzu kommen noch Verkehrsmeister in der Leitstelle, die als Einsatzleitung vor Ort aktiv werden. Im Normalfall haben sie andere Aufgaben, zum Beispiel sind sie für die Betriebsüberwachung und Störungsabwicklung zuständig. Dank ihrer Zusatzqualifikation sind sie aber jederzeit als Einsatzleitung einsetzbar. Das ist 24 / 7 gewährleistet.

Vielfältige Aufgaben

Sie werden von unserer Leitstelle per Funk verständigt, wenn beispielsweise ein Verkehrsunfall mit unserer Beteiligung passiert ist. Meist sind es klassische Linksabbiegerunfälle mit Sachschaden, wenn Autofahrer*innen übersehen, dass sie einer Straßenbahn Vorfahrt hätten gewähren müssen. Ein anderer typischer Zwischenfall, der den Betrieb unterbricht, ist die Beschädigung einer Oberleitung. Dies passiert häufig in Tunnelbereichen, wie in der Unterführung am Rangierbahnhof Richtung Südfriedhof oder der Steinbühler Tunnel. Lkw-Fahrer ignorieren den Höhenhinweis und reißen im schlechtesten Fall die Oberleitung komplett aus der Verankerung. Dann ist es zunächst das Wichtigste, dass der Strom abgeschaltet wird. Aber auch bei Großveranstaltungen kommen Einsatzleiter*innen zum Einsatz und organisieren den Betrieb mit Bussen und Bahnen. Weitere Einsatzszenarien betreffen Fahrgäste, die plötzlich ein akutes gesundheitliches Problem haben, Fahrgäste, die Alkohol oder Drogen konsumiert haben und dem Rettungsdienst übergeben werden müssen. 2021 und 2022 summierten sich die Einsätze auf 51 bzw. 66. Nicht viel angesichts unserer Betriebszeit.

Bei der Vielzahl an Problemen und Themen, die 24 / 7 rund ums Jahr auftreten können, ist es wichtig, bestens darauf vorbereitet zu sein. Insbesondere auch auf die Situationen, die emotional herausfordernd sind.

Autorin: Elisabeth Seitzinger 
Foto: VAG/Claus Felix

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