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Ansprechpartner für Männer bei der Stadt Nürnberg – Matthias Becker im Interview

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Am 3. November ist Weltmännertag und am 19. November der Internationale Männertag. Was hat es damit auf sich und warum hat die Stadt Nürnberg eigentlich einen Ansprechpartner, speziell für Männer? Matthias Becker war der erste seiner Art in Deutschland. Wir haben mit ihm gesprochen.

Herr Becker, warum braucht es die beiden Männertage?
Man braucht die Männertage, um auf die Belange und Themen von Männern aufmerksam zu machen. Der Weltmännertag am 3. November hat das Thema Gesundheit als Schwerpunkt. Am Internationalen Männertag geht es um die Themen Gleichberechtigung, Diskriminierung und Rollenstereotypen, denen Männern auch heute noch stark unterliegen.

Sie sind seit 2016 im Amt. Die Stadt Nürnberg war die erste Stadt bundesweit, die einen Ansprechpartner für Männer eingestellt hat. Warum?
Meine Kolleg*innen waren damals schon sehr aktiv und haben überlegt: Wie kann es weiter gehen bei der Gleichstellung von Frauen und Männern? Es waren in erster Linie Frauenthemen auf der Agenda. Geht man die Themen an, kommt man irgendwann aber an eine Grenze und zwar dann, wenn man nicht beide, also Männer und Frauen, anspricht und mitnimmt. So kam der Gedanke, einen Ansprechpartner für Männer einzustellen.

Themenvielfalt ist groß

Männerbeauftragter – ist das eigentlich der offizielle Begriff?
Nein, eigentlich heißt es Ansprechpartner für Männer in der Gleichstellungsstelle der Stadt Nürnberg. Man wollte bewusst keine 1:1-Spiegelung zum Begriff der Frauenbeauftragten, denn der Zugang und Hintergrund ist ein anderer. Aber es war für mich klar, dass sich der Begriff Männerbeauftragter durchsetzt, weil er einfach griffiger ist.

Was sind Ihre Aufgaben als Ansprechpartner für Männer und wer kann sich an Sie wenden?
In erster Linie bin ich direkter Ansprechpartner für Männer, die ich zu konkreten Themen berate. Es können sich Männer bei mir melden, die bei der Stadt Nürnberg arbeiten, aber auch Männer, die in Nürnberg wohnen und arbeiten.

Um welche Themen geht es?
Ein großes Thema ist Vatersein und Vater werden. Es kommen aber auch Männer zu mir, die beispielsweise von häuslicher oder sexualisierter Gewalt betroffen sind, auch das Thema Diskriminierung oder Mobbing am Arbeitsplatz spielt eine Rolle. Die Bandbreite ist groß.

Wie gehen die Männer auf Sie zu?
Die meisten melden sich per Mail, Telefon oder – eher selten – auch persönlich. Gemeinsam überlegen wir, was wir machen können. Wichtig ist: Jedes Gespräch ist vertraulich und wer will, kann auch anonym bleiben.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Sie haben vor sieben Jahren Ihre Stelle angetreten. Haben sich die Themen der Männer in den Jahren verändert?
Ja, das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist in den Vordergrund gerutscht. Immer mehr junge Männer wünschen sich eine bessere Vereinbarkeit, das merke ich ganz deutlich. Das ist letztlich auch eine Komponente des Fachkräftemangels. Ein Unternehmen, das die Vereinbarkeit lebt, hat ein großes Plus für mögliche Bewerber. Das Gehalt steht nicht immer an erster Stelle.

Wie sind die Arbeitgeber aufgestellt?
Das ist noch unterschiedlich. Bei den einen klappt es hervorragend und bei anderen schleppend, bis gar nicht. Das kann zum einen die Haltung sein, beispielsweise von Führungskräften. Es ist aber – und das muss man ehrlicherweise sagen – trotzdem auch eine Herausforderung, wie man verschiedene Teilzeitmodelle umsetzen und Elternzeiten integrieren kann.

Können Sie Beispiele zur gelebten Praxis nennen?
Ich habe mich erst vor einiger Zeit mit einem VAG-Mitarbeiter unterhalten. Er hat mir bestätigt, dass sich die VAG sehr bemüht, Vätern Teilzeit- und Elternzeitmodelle zu ermöglichen und das funktioniert gut. Der aktuelle Koalitionsvertrag sieht vor, dass ab 2024 Väter nach der Geburt ihres Kindes zehn Tage freigestellt werden sollen, bei Lohnfortzahlung. Es gibt sogar ein großes namhaftes Unternehmen, das diesen Plänen zuvorkommt. Es gewährt jedem werdenden Vater sechs Wochen Freistellung nach der Geburt und das bei vollem Gehalt.

Wie wird Eltern- oder Teilzeit von anderen Kollegen angenommen?
Immer besser. Der VAG-Mitarbeiter sagt, dass es völlig normal sei, dass Männer Elternzeit nehmen oder in Teilzeit gehen – auch in Bereichen wie der Buswerkstatt, wo zu 100 Prozent Männer arbeiten, teilweise in Schichtarbeit. Es wird weder gespottet noch komisch geschaut. Von so einer positiven Einstellung sind viele Betrieb weit entfernt.

Was raten Sie werdenden Vätern, die sich an Sie wenden?
Ich sage ihnen: Familie gründen und Elternzeit nehmen, gibt es nicht zum Nulltarif. Es geht nicht nur darum zu sagen, ich werde jetzt Vater und alle um mich herum, samt meines Arbeitgebers, müssen sich darauf einstellen. Sondern es geht auch darum, selbst diese Rolle anzunehmen, Kompromisse einzugehen und zu akzeptieren, dass sich das eigene Leben ändern wird.

Tabuthema: Häusliche Gewalt

Machen wir einen thematischen Cut, weg vom Vaterwerden, hin zu einem sensiblen Thema: Häusliche Gewalt gegen Männer. Gibt es Zahlen?
Im Kontext häuslicher Gewalt gibt es seit 2015 eine Statistik und der kann man entnehmen, dass 20 Prozent der Betroffenen Männer sind. Ich habe 2017 in einem Interview einmal den Vorschlag gemacht, dass man auch Männerschutzwohnungen braucht, als Pendant zu Frauenhäusern. Das war damals ein riesiger Aufschrei. Aber heute haben wir diese Schutzwohnungen in mehreren Bundesländern, auch in Bayern.

Wie funktionieren die Schutzwohnungen?
Die Männer müssen zur Ruhe kommen und leben dort erst einmal, danach geht es unterschiedlich weiter. Grundsätzlich muss man sehen, unter welcher Art von Gewalt der Mann leidet und was genau zu tun ist. Es geht darum, dem Mann dabei zu helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Es gibt Unterstützung bei der Wohnungssuche und bei der Versorgung der Kinder. Nach drei bis sechs Monaten sollten die Betroffenen wieder auf eigenen Beinen stehen. Es gibt aber auch Männer, die zurück zu ihrer Frau wollen.

Ist häusliche Gewalt an Männern ein Tabuthema?
Ja, leider noch viel zu sehr. Es ist nach wie vor diese Haltung, dass es häusliche Gewalt an Männern einfach nicht gibt. Die wenigsten Männer trauen sich, sich zu öffnen.

Was sind das für Männer, die Schutz suchen?
Die ganze Bandbreite. Anfang 20 bis Ende 70, Akademiker, Handwerker, Arbeitslose. Mit Kind, ohne Kind. Es gibt keine spezielle Zielgruppe.

Gesundheit mehr in den Fokus

Ein Aspekt zum Schluss: Wie steht es um das Thema Gesundheit bei Männern?
Der Weltmännertag hat als Schwerpunkt das Thema Gesundheit. Wichtig ist vor allem der Aspekt Vorsorgeuntersuchungen, Ernährung oder psychische Gesundheit, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Denn das sind alles Themen, bei denen Männer häufig nachlässig sind. Grund dafür können unter anderem typische Rollenbilder sein, die in unsere Gesellschaft vertreten sind, nach dem Motto: Ich als Mann, muss es schaffen, mir selbst zu helfen, anstatt mir Hilfe zu holen.

Können Sie feststellen, dass Rollenbilder aufbrechen, sich etwas tut?
Ja, definitiv. Es gibt immer mehr Männer die ihre Rolle und Ihre Männlichkeit reflektieren und nicht in den vermeintlich vorgegebenen Rollenzuschreibungen leben wollen, sondern nach anderen Formen und neuen Wegen suchen. Das ist mutig und ermutigend. Dabei unterstütze ich gerne!

Mehr dazu? Matthias Becker im Busfunk

Auch in unserem Podcast Busfunk hat Moderator Stefan Meixner mit Matthias Becker gesprochen. Die ganze Folge gibt es hier. 

Interview: Yvonne Rehbach 
Bild: Axel Sarnoch

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