Inhalt dieses Artikels
Den Fahrgastbeirat gibt es bei uns, der VAG, seit über 20 Jahren. Doch was ist das eigentlich, was machen die Menschen und wo kommen sie her? Das verrät uns Karin Schönberger, die mittlerweile überzeugte ÖPNVlerin ist und ihre Amtszeit am liebsten verlängern würde.
Wie bist du Fahrgastbeirätin geworden?
Mir ist ein paar Mal die Straßenbahn direkt vor der Nase weggefahren, das hat mich extrem geärgert. Durch Zufall habe ich zu der Zeit auf Facebook den Aufruf entdeckt, dass die VAG Fahrgastbeiräte sucht. Ich hatte keine Ahnung, was das ist, aber ich habe einen Kanal gesucht, wo ich meinen Ärger los werden kann. Deswegen habe ich mich beworben und bin auch genommen worden. Ohne wirklich zu wissen, was auf mich zu kommt.
Also wolltest du nur zum Fahrgastbeirat, um über Bus und Bahn meckern zu können?
Nein, auf keinen Fall. Ich glaube, da hätte mich die VAG auch gar nicht genommen. Ich bin schon ein Mensch, der mal schimpft und sich ärgert. Aber ich will eben nicht nur meckern und alles schlecht reden sondern versuchen, Dinge zu verstehen und an Lösungen mitzuwirken.
Gespräche auf Augenhöhe
Und das geht im Fahrgastbeirat?
Ja, absolut. Wir kommen regelmäßig zu Sitzungen zusammen und besprechen dort Themen, die wir vorher vereinbart haben. Was interessiert die einzelnen Leute, was ist spannend, was können wir weiterbringen, wo können wir Input geben? Die Themen besprechen und diskutieren wir mit den Vertreter*innen der VAG.
Sind du und die anderen Mitglieder des Fahrgastbeirates immer einer Meinung mit den VAGlern?
Wir sind sicher nicht immer einer Meinung und die VAG kann auch nicht einfach zu allem ja sagen oder uns Recht geben. Aber sie bemühen sich, mit uns in einen Dialog zu treten und Lösungen zu finden. Wir diskutieren auf Augenhöhe.
Wie läuft der Fahrgastbeirat ab?
Wir treffen uns acht Mal im Jahr. Dazu kommen Vor-Ort-Termine, wie beispielsweise die Besichtigung des eBus-Ports, der Buswerkstatt oder der Leitstelle. Wir schauen uns alles und – was ich super finde – wir dürfen so viele Fragen stellen, wie wir wollen. Die Mitarbeiter*innen geben uns Auskunft und erklären alles. Das finde ich sehr wichtig, weil ich jetzt nachvollziehen kann und verstehe, warum eine Straßenbahn eben nicht auf mich warten kann.
Bekommst du dafür Geld?
Nein, Geld gibt es dafür nicht und auch kein kostenloses Ticket. Aber das finde ich vollkommen in Ordnung. Es ist ein Ehrenamt und ich mache das gerne und stehe mit Herzblut dahinter.
Wie trittst du als Fahrgastbeirätin in der Öffentlichkeit auf?
Wenn ich beispielsweise in Bus oder Bahn mitbekomme, dass sich Fahrgäste über eine Sache beschweren oder meckern, dann nehme ich das Thema mit in die nächste Sitzung. Wenn meine Freunde oder Familie unzufrieden sind mit dem ÖPNV, erkläre ich ihnen die Hintergründe.
Und das hilft?
Ja, ich habe schon das Gefühl, dass – zumindest manchmal – ein Aha-Effekt kommt. Ein Dauerbrenner ist das Thema „Bus oder Bahn fahren einem vor der Nase weg“. Mir ging es ja auch so, dass ich wirklich dachte, das sei Absicht. Aber es ist ja völlig logisch: Wenn die Fahrer*innen auf jeden warten würden, der noch rein will, schaffen sie es im Leben nicht, ihren Fahrplan einzuhalten.
Hat sich deine eigene Einstellung zum ÖPNV durch den Fahrgastbeirat verändert?
Mir hat der intensive Blick hinter die Kulissen geholfen, mein Denken zu verändern. Ich nehme viel öfter Bus und Bahn. Vor dem Fahrgastbeirat habe ich zu meinen vier Kindern häufig gesagt, kommt das fahren wir schnell mit dem Auto. Das mache ich überhaupt nicht mehr. Wir fahren Bus und Bahn oder mit dem Rad. Auch das Thema Verkehrswende hat mich nie wirklich interessiert. Jetzt schon, weil mir bewusst geworden ist, wie wichtig sie ist und dass wir alle zum Gelingen beitragen können.
Deine zweijährige Amtszeit geht langsam zu Ende. Würdest du gerne weiter machen?
Oh ja, ich bin ganz ehrlich, ich würde sehr gerne weiter machen. Aber ich weiß, ich muss Platz für neue Fahrgastbeirät*innen machen. Es braucht regelmäßig einen neuen und frischen Blick auf die verschiedenen Themen. Davon lebt der Fahrgastbeirat schließlich.
Was ist das Tolle am Fahrgastbeirat und warum sollte man sich bewerben?
Ich empfehle es jedem, der Lust hat, hinter die Kulissen zu blicken und Sachen zu verändern. Klar, das sind keine riesigen Veränderungen, aber kleine Dinge, die manchmal schon sehr hilfreich sind. Jeder, der eine Meinung hat und etwas verändern will, dem kann ich den Fahrgastbeirat sehr ans Herz legen.
Wer noch mehr über Karin Schönberger und und unseren Fahrgastbeirat erfahren möchte, dem empfehlen wir in unseren Podcast Busfunk mit dem Radiomoderator und Busfahrer Stefan Meixner reinzuhören – entweder auf unserem Youtube-Kanal, in unserem Webplayer oder überall, wo es Podcasts gibt.
Über den Fahrgastbeirat
Wir, die VAG, wählen die Bewerber*innen für den Fahrgastbeirat so aus, dass eine Gruppe entsteht, die, möglichst breit gefächert, verschiedene Interessen vertritt. Es ist eine Auswahl an Menschen, die das bunte Spektrum unserer Kund*innen als kleine Gruppe von maximal 15 Personen widerspiegelt. Die 15 Personen sollen möglichst viele Lebensmodelle abbilden. Elf Personen sind deswegen bunt gemischt, seien es Schüler*innen, Rentner*innen, Väter, Mütter, Student*innen oder Auszubildende. Dazu kommen vier sogenannte Interessensvertreter, das können sein: Vertreter*innen eines Mobilitäsverbandes, sozialer Verbände, von Stadtteilinstitutionen und Behindertenorganisationen. Der Fahrgastbeirat ist ein neutrales und unabhängiges Kontrollgremium. Wie sich Interessierte bewerben können, wie lange eine Amtszeit geht und weitere Infos rund um den Fahrgastbeirat gibt es hier.
Autorin: Yvonne Rehbach
Foto: Claus Felix
0 Kommentare