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Mit unserem Vorstandssprecher Tim Dahlmann-Resing haben wir über die Gegenwart und Zukunft von Bussen und Bahnen in Deutschland gesprochen. Denn in Zeiten von Pandemie, Energie- und weltweiter Klimakrise ist die Zeit zum Handeln jetzt!
Die Zeit zum Handeln ist jetzt, beispielsweise, indem wir mit Angeboten wie dem 9-Euro-Ticket mehr Menschen für den ÖPNV gewinnen, oder?
Tim Dahlmann-Resing: Absolut, wir müssen jetzt handeln! Tatsächlich hat das 9-Euro-Ticket den ÖPNV zu einem Dauerbrennerthema in den Medien gemacht. Ob es uns dauerhaft mehr Fahrgäste bringt, da mache ich ein Fragezeichen. Vermutlich nicht. Vielmehr konnten wir unsere Abonnent*innen für ihre Treue während der Pandemie belohnen und sie weiterhin an uns binden. Das ist ein hoher Wert, aber: Die Einnahmeverluste, die durch diese Rabattierung entstehen, müssen seitens der öffentlichen Hand ausgeglichen werden. Gleichzeitig muss zusätzliches Geld in das System fließen, damit wir unser Angebot weiter ausbauen und mehr Fahrgäste gewinnen können.
Was brauchen Verkehrsbetriebe dafür? Im Koalitionsvertrag ist schließlich das Ziel verankert, bis 2030 die Anzahl der Fahrgäste im ÖPNV zu verdoppeln.
Einerseits eine auskömmliche finanzielle Unterstützung bei Streckenerweiterungen und der Beschaffung neuer Fahrzeuge, also bei Neuinvestitionen. Hier sind wir insbesondere in der Fahrzeugförderung noch ein gutes Stück von der früheren Zuschusshöhe von 50 Prozent entfernt. Andererseits brauchen wir einen Einstieg in eine Betriebskostenfinanzierung. Alles, was Verkehrsbetriebe für den täglichen Betrieb aufwenden, also die Gehälter für die Mitarbeitenden, den Unterhalt für Werkstätten sowie die Instandhaltung von Gleisanlagen und Fahrzeugen müssen sie bisher selbst stemmen. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hat im Sommer 2021 ein Leistungskosten-Gutachten erstellt, nach dem die Nahverkehrsbranche rund elf Milliarden Euro pro Jahr on top bräuchte, um 25 bis 30 Prozent mehr Verkehrsleistung erbringen zu können.
Was also tun, Herr Dahlmann-Resing?
Der Bundesverkehrsminister hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt, die Vorschläge erarbeiten soll, wie wir einen Einstieg in eine geförderte Betriebskostenfinanzierung finden können. Wenn die Verkehrswende gelingen soll, benötigen wir erstens deutlich mehr Geld im System. Zweitens müssen wir Projekte künftig viel schneller umsetzen. Der VDV hat der Politik einen 5-Punkte-Plan zur Planungsbeschleunigung übergeben. Drittens braucht es eine Bewusstseinsänderung bei den Menschen [LINK auf Blog-Artikel zum Thema Verhalten verändern] und die Bereitschaft, unsere guten Angebote zu nutzen.
Welche Visionen haben Sie für den ÖPNV?
Ich sehe eine Welt mit deutlich weniger Autoverkehr. Die individuelle Mobilität wird von Unternehmen wie uns, der VAG, organisiert. Die Angebote werden optimal vernetzt und Lücken mit zusätzlichen Services wie VAG_Rad, Car-Sharing und auch On-Demand- Angeboten geschlossen. Zugangsbarrieren, sowohl beim Zustieg als auch bei der Informationsbeschaffung oder dem Ticketing, existieren nicht mehr. Das Auto wird weitgehend verzichtbar, Lärm- und Feinstaub-Emissionen reduzieren sich auf ein Minimum und der Lebensraum gehört wieder den Menschen.
Mehr Informationen rund um das Thema?
Noch aususführlicher spricht unser Vorstandssprecher über die Zukunft des ÖPNV in unserem Podcast. Die Folge gibt es hier auf unserem Blog in der Mediathek oder auf unserem Youtube-Kanal.
Autorin: Susanne Jerosch
Foto: Claus Felix
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